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Stottern

Stottern

Gestottert wird in jeder Sprache und jeder Kultur. In Deutschland sind es rund 800.000 Menschen - ein Prozent der Gesamtbevölkerung. Fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen sind zumindest zeitweise von Stottern betroffen, von diesen sprechen insgesamt 4/5 in der Pubertät wieder flüssiger. Auf die Bevölkerungszahlen im Raum Köln (ca. 520.000 Kinder und Jugendliche) gerechnet, ergibt sich somit, dass ca. 8.666 Kinder und Jugendliche derzeit stottern. 26.000 Kinder und Jugendliche stottern zeitweise. Es stottern mehr männliche als weibliche Personen.

 

Im Folgenden informiere ich Sie näher über das Stottern, dessen Ursachen, Früherkennung, die Therapeutensuche und die rechtliche Situation.

Stottern erkennt man an...
  • Wiederholungen von Lauten und Silben (z.B. "Ho-Ho-Ho-Hose")

  • Dehnungen (z.B. "Ffffffffflugzeug")

  • Blockaden (z.B. "K........K.....Kaugummi")

 

Diese drei Merkmale nennt man "Kernsymptomatik" des Stotterns. Sie können einzeln, aber auch kombiniert und in unterschiedlicher Stärke auftreten.

 

Zudem haben Menschen, die stottern, häufig Angst, wegen des Stotterns aufzufallen und versuchen, das Stottern zu vermeiden oder aufzuschieben. Dieses Verhalten nennt man "Begleitsymptomatik". Dazu zählen z.B.

 

  • Vermeiden von unangenehmen kommunikativen Situationen (z.B. Telefonieren, Referate halten, mit Fremden sprechen)

  • Mitbewegungen des Gesichts oder Körpers zur Verflüssigung des Stotterns (z.B. Verkrampfen des Mundes, Zucken, beim Sprechen auf das Bein schlagen)

  • Umstellen von Sätzen mit angstbesetzten Wörtern oder Auslassen dieser (z.B. "Ich hätte gern eine Co... Fanta.")

  • Einsatz von unnötigen Füllwörtern (z.B. "äh, naja, also") oder Pausen

  • Auffälligkeiten der Atmung und der Stimme

  • Vermeidung des Blickkontaktes

  • zu schnelles oder leises Sprechen

 

Es gibt viele Varianten des Stotterns. Von leichten Unflüssigkeiten, die kaum auffallen, bis hin zu schwereren Blockierungen und extremem Vermeidungsverhalten.

Auch die emotionale Beteiligung reicht von großer Angst und Scham bis zu entspanntem Umgang mit dem Stottern.

 

Es gibt in der Sprachentwicklung eine normale entwicklungsbedingte Phase, in der die Kinder vermehrte Unflüssigkeiten zeigen. Es handelt sich hierbei aber nicht um Stottern, sondern ist dadurch begründet, dass die kognitive Entwicklung der Kinder schneller vorangeht als die sprachliche. Vereinfacht gesagt heißt das: Die Kinder denken schneller, als sie reden können.

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Nachteilsausgleich in Schule und Beruf

"Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." (Grundgesetz Artikel 3, Abs. 3)

 

Stottern, ebenso wie Sprechangst sind anerkannte Behinderungsformen, die die Partizipation (Teilhabe) am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigen.

 

Stotternde Schüler und Arbeitnehmer haben das Recht eines Nachteilsausgleichs auf der Grundlage des o.g. Gesetzes.

In der Schule und im Beruf ergeben sich für Stotterer oft besondere Schwierigkeiten, vor allem in Hinblick auf das Erbringen einer mündlichen Leistung (z.B. mündliche Beteiligung im Unterricht, Referat halten, mündliche Prüfung in der Ausbildung). Ist das Erbringen solcher Leistungen aufgrund von Stottern oder damit verbundener Ängste schwierig oder gar nicht möglich, leiden oft die Schulnoten. Die Abschlussnoten entsprechen oft nicht den tatsächlichen Fähigkeiten.

 

Der Nachteilsausgleich sorgt dafür, dass in der Schule, der Ausbildung oder im Studium auf die besondere Situation von stotternden Menschen Rücksicht genommen wird. Das heißt, dass die Lehrer allen Schülern die gleichen Chancen einräumen und die mündliche Leistung fair bewerten müssen. Stotternde Schüler bekommen mit dem Nachteilsausgleich z.B. mehr Zeit bei mündlichen Prüfungen oder können die Leistung schriftlich erbringen.

 

Auch ist es nach dem Grundgesetz geregelt, dass stotternde Schüler aufgrund ihres Stotterns nicht diskriminiert werden dürfen (z.B. durch Mobbing). Die Lehrer sollten im Unterricht einen respektvollen Umgang mit dem Stottern schaffen und die betreffenden Schüler unterstützen.

 

Es gibt auch die Möglichkeit, einen sonderpädagogischen Förderbedarf zu beantragen, um spezielle Hilfe in der Schule zu bekommen (z.B. EInzelfallhelfer, Förderstunden).

 

Falls ein stotternder Schüler ein zulassungsbeschränktes Hochschulstudium anstrebt, gibt es die Möglichkeit, über die Härtefallregelung zugelassen zu werden. Man kann sich bei den Studienberatungen der jeweiligen Unis informieren.

 

Übergeordnete Ansprechpartner zum Nachteilsausgleich sind:

Schule:

  • Vertrauenslehrer

Ausbildung und Beruf:

  • Jugendvertreter

  • Schwerbehindertenvertreter

  • Betriebsrat

Studium:

  • Behindertenbeauftragte der ASTA/Studienberatung

 

Über den Nachteilsausgleich und die Rechte als stotternder Mensch informiert und unterstützt Sie/Dich auch die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e. V.

Was sind mögliche Stotterursachen?

Die aktuelle Forschung geht davon aus, dass das Risiko zu stottern, von genetischen (erblichen) Faktoren begünstigt wird. Zumdem können die Reaktionen des sozialen Umfelds (z.B. Nicht-Ausreden-lassen, Weggucken, das gestotterte Wort vorwegnehmen) eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Symptomatik spielen.

Man kann also nicht von der Ursache des Stotterns sprechen, da viele Faktoren die Entstehung des Stotterns beeinflussen können. Die Ausprägung ist immer abhängig von den individuellen Ressourcen und Anforderungen des Kindes und der Familie.
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Das Stottern beginnt in der Regel in der Kindheit zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr. Kindergarten- und Schuleintritt können ebenfalls kritische Schwellensituationen sein, in denen Eltern das Stottern zum ersten Mal bemerken.

 


 

Hinweise zur Früherkennung von Stottern

Anhand folgender Merkmale können Sie feststellen, ob es empfehlenswert ist, ihr Kind wegen des Stotterns vorzustellen:

 

  • die Unflüssigkeiten dauern bereits länger als sechs Monate

  • spannungsfreie Wiederholungen ("Ba-Ball") entwickeln sich zu Blockierungen

  • Mitbewegungungen sind zu beobachten

  • das Kind zeigt negative emotionale Reaktionen auf die Unflüssigkeiten (z.B. Abbruch der Äußerung, Weinen)

  • es zeigen sich weitere Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung (z.B. Aussprache, Grammatik, Mundmotorik)

  • es gibt andere Personen, in der Familie, die auch stottern

 

Falls eine oder mehrere der o.g. Faktoren bei Ihrem Kind zutreffen, melden Sie sich bei mir (Kontakt). Wir können dann eine ausführliche Diagnostik vornehmen.

Woran erkennen Sie einen guten Stottertherapeuten?

Die Bundesvereinigung Stottern und Selbsthilfe (BVSS) empfiehlt Ihnen folgende Kriterien, die Sie bei der Wahl eines geeigneten Therapeuten beachten sollten:

 

  • Haben Sie Vertauen zu Ihrem Therapeuten?

  • Ist die Beziehung von Respekt getragen?

  • Bekommen Sie auf alle Ihre Fragen auch Antworten?

  • Haben Sie das Gefühl, dass der Therapeut sich fachlich gut mit dem Thema Stottern auskennt?

  • Gibt der Therapeut Ihnen auch Auskunft über Therapiealternativen?

  • Werden die einzelnen Therapieschritte für Sie transparent?

  • Gibt der Therapeut Ihnen Informationen über die Stottererselbsthilfe?

 

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